Das Projekt
Kinder(leben) in Familien mit Partnerschaftsgewalt
Institut für Schule, Jugendhilfe und Familie e.V.
Prof. Dr. Angelika Henschel
Leuphana Universität Lüneburg
Kurzbeschreibung des Projektes
Da sich Partnerschaftsgewalt in der Privatheit und somit vor allem innerhalb des alltäglichen familiären Lebens und in den eigenen vier Wänden ereignet, bleibt sie in der Regel vor der Öffentlichkeit verborgen. rschaftsgewalt betroffenen Frauen und ihre Kinder bedeutet dies, dass sie nicht nur massive Einschränkungen in ihrem Leben, sondern mitunter auch schwerwiegende, vielfältige psychische und physische Schädigungen erfahren müssen.
Dabei gilt das Miterleben von Partnerschaftsgewalt in der Familie als besonderes Entwicklungsrisiko und sollte im Sinne von Kinderschutz und Kindeswohl frühzeitig erkannt und verhindert werden.
Als sekundäre Sozialisationsinstanzen kommen daher Krippen, Kindertagesstätten und Schulen besondere Bedeutung hinsichtlich des Erkennens von häuslicher Gewalt zu. Sie stellen als Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung sowie als Schulen die ersten Institutionen außerhalb der Familie dar, in denen die Gewalt innerhalb der Partnerschaft oder Familie erkannt werden könnte.
Die Aufklärung über die Thematik Partnerschaftsgewalt sowie die damit verbundenen Folgen und Risiken für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die in diesem Kontext aufwachsen müssen, sollte daher im Sinne des verbesserten Kinderschutzes ebenso Eingang in die Aus- und Fortbildungen von Fachkräften finden, wie dies bereits vielerorts für die Thematik Kindeswohlgefährdung und Kinderschutz in Bezug auf unterschiedliche Formen und Ausprägungen der Kindesmisshandlung bzw. Kindesvernachlässigung gilt.
Bis heute wird die Thematik häusliche Gewalt/Partnerschaftsgewalt jedoch nur unzureichend innerhalb der Aus- und Fortbildung von sozialpädagogischen Fach- und Lehrkräften berücksichtigt und in Kinderschutzkonzepten verankert. Daher fühlen sich viele Fachkräfte im Umgang mit der Thematik Partnerschaftsgewalt und ihren Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder überfordert.
Hier setzt das Projekt an, um Lehr- und pädagogische Fachkräfte durch handlungsorientierte Aus- und Fortbildungsformate zu befähigen, Kindern und Jugendlichen durch Resilienzstärkung und Partizipation bei der Verarbeitung ihrer Gewalterfahrungen im Sinne von Prävention zu helfen und entsprechend des Schutzauftrages und im Sinne des Kindeswohls gegebenenfalls auch intervenierend eingreifen zu können.
Das Projekt wird entsprechende Fort- und Ausbildungsformate und eine Materialsammlung im Zeitraum vom 01.04.2022 bis 31.03.2024 entwickeln und durch (neue) Kooperationen und Vernetzung der Fachkräfte, sollen dabei besondere Möglichkeiten für die Erfüllung dieser herausfordernden Aufgabe ermöglicht werden.
Verpflichtungen der Bundesregierung zur Gleichstellung im Bildungswesen
Die Bundesregierung hat sich durch die Ratifizierung und das Inkrafttreten der Istanbul Konvention im Februar 2018 dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um der Menschenrechtsverletzung, als die die Gewalt gegen Frauen anerkannt wird, wirkungsvoll zu begegnen. So sind zukünftig auch die Institutionen im Bildungsbereich gefordert, sich laut Art.14 der Istanbul Konvention mit der Thematik auseinanderzusetzen und im Rahmen des jeweiligen Bildungsangebotes dafür Sorge zu tragen, dass Schüler*innen, Auszubildende sowie Studierende in die Lage versetzt werden, sich mit der Gleichstellung von Männern und Frauen auseinanderzusetzen.
Hauptziele des Projektes
Zielgruppen und Formate
Zielgruppe
Fachkräfte aus Kitas, Schulen und Frauenhäusern
Fachkräfte aus Kitas, Schulen und Frauenhäusern erhalten die Möglichkeit zur Teilnahme an einer neu konzipierten Fortbildung, die nach der Evaluation ein zweites Mal angeboten wird.
Zielgruppe
Studierende (BBS)
Studierende der Fachrichtung “Lehramt berufsbildende Schulen, Fachrichtung Sozialpädagogik” erproben und evaluieren an der Leuphana Universität Lüneburg ein neu konzipiertes Seminarkonzept zur Thematik.
Zielgruppe
Expert*innengremium
Das interdisziplinäre Expertinnengremium tagt dreimal im Projektverlauf. Die Mitglieder sind einerseits Kooperationspartner*innen aber auch Multiplikator*innen.
Formate
Materialsammlung
Neben den kompetenzorientierten Curricula für die Fort- und Ausbildung zum Umgang mit von Partnerschaftsgewalt betroffenen Kindern und Jugendlichen, wird im Projektverlauf eine Materialsammlung für interessierte Fachkräfte entstehen.
Kooperationspartnerschaften und Expertinnen des Projektes
Insgesamt 15 Mitglieder des Expert*innengremiums bringen ihre jeweilige Expertise hinsichtlich des Themas “häusliche Gewalt” ein.
Abschlusstagung
Kinder und Jugendliche in Familien mit Partnerschaftsgewalt im Spannungsfeld von Kindeswohl, Gewalt- und Kinderschutz
Am 07.02.2024 fand von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr die Abschlusstagung des Projektes „Kinder und Jugendliche in Familien mit Partnerschaftsgewalt im Spannungsfeld von Kindeswohl, Gewalt- und Kinderschutz“ mit insgesamt 118 Personen aus Wissenschaft, Justiz und Praxis an der Leuphana Universität Lüneburg satt.
In vielen Familien mit gewaltgeprägten Partnerschaften sind Kinder und Jugendliche involviert, die nicht nur zu Zeug*innen dieser Gewalt werden können, sondern zugleich auch Opfer der häuslichen Gewalt sind. Das Miterleben häuslicher Gewalt kann für sie mit Entwicklungsrisiken und einer Gefährdung des Kindeswohls einhergehen. Das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“, die sogenannte Istanbul-Konvention, verpflichtet zu konkreten Maßnahmen und gesetzlichen Verbesserungen zum Schutz von Frauen und ihren Kindern vor Gewalt.
Im Rahmen der Tagung wurde die Situation der Kinder und Jugendlichen in Familien mit Partnerschaftsgewalt aus unterschiedlichen Perspektiven, fachlichen Zugängen und jeweiligen Chancen und Grenzen der beteiligten Rechts- und Arbeitsbereiche betrachtet. Damit ging das Projekt auf eine aktuelle Notwendigkeit und den derzeitigen Diskurs der Fachöffentlichkeit ein. Weitere aktuelle Gegebenheiten, wie z.B. die politischen Entwicklungen und Bestrebungen der Veränderungen des Familienrechts, waren Teil der Diskussion, wie u.a. das kurz vor der Tagung veröffentlichte Eckpunktepapier des Bundesjustizministers.
Dadurch bot die Tagung Möglichkeiten der Weiterentwicklung der aktuellen Themen und öffnete diese Diskussionen für weitere Forschungs- und Arbeitsbereiche. Vor allem konnten im Rahmen der Tagung die Breite der aktuellen Diskussion verdeutlicht und die derzeitigen zentralen Positionen dazu skizziert werden, indem bewusst Impulse und Perspektiven auf unterschiedlichen Ebenen, d.h. sowohl aus dem Bereich der Forschung, Politik, Justiz und der (sozial)pädagogischen Praxis Teil der Tagung waren.
Zudem konnte im Rahmen der Tagung durch die Präsentation der zentralen Projektergebnisse verdeutlicht werden, welchen Beitrag diese Ergebnisse, Zugänge und entwickelten Materialien für die Weiterentwicklung der Bemühungen um bestmögliche Unterstützung der Kinder und Jugendlichen im Kontext von Partnerschaftsgewalt und der Umsetzung der Istanbul-Konvention leisten können, wenn Partnerschaftsgewalt als potenzielle Kindeswohlgefährdung ernst genommen wird und rechtskreisübergreifende Ansätze im Sinne von Kinderschutz bei gleichzeitiger Beachtung des Frauengewaltschutzes durch notwendige Kooperation der unterschiedlichen Fach- und Arbeitsbereiche umgesetzt werden.



















































